Ein astronomischer Reisebericht aus Namibia
Namibia und der Südhimmel
Bereits seit vielen Jahren habe ich Beobachtungsberichte mündlicher und schriftlicher Art über den Südhimmel und dessen Sehenswürdigkeiten mit großem Interesse verfolgt. Es war für mich immer unvorstellbar, dass die Milchstraße so hell sein kann das sie Schatten wirft oder dass viele helle Kugelsternhaufen und Nebel mit bloßem Auge zu sehen sein sollten.
So begann eine lange Zeit der Vorbereitung und intensiven Recherche für eine eigene Reise zum Südhimmel. Sehr schnell stand fest, dass mein Reiseziel Namibia heißen würde. Der Süden Afrikas ist für uns Europäer mit noch akzeptablem Reiseaufwand erreichbar und die Wetterprognosen sind sehr vielversprechend für das Zeitfenster Juli und August. Großen Wert legte ich auf eine Verbindung aus komfortabler Unterkunft und astronomischer Ausrüstung, die ich vor Ort mieten oder buchen konnte. Gegenwärtig kamen somit für astronomisch Interessierte zwei Alternativen in Frage. Die Farm Kiripotib und Tivoli. Meine Wahl viel mehr oder weniger zufällig auf Kiripotib, da zur Zeit meiner Buchung noch Wunschausrüstung und Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung standen. Die Reservierung aller Optionen sowie Buchung und Durchführung des Fluges und des Transfers zur Farm liefen reibungslos.
Der Empfang und der Aufenthalt auf der Farm waren sehr angenehm und gemütlich. Die Teleskope und Montierungen waren in einem Top-Zustand und wurden ständig gewartet und überprüft. Als sehr praktisch und hilfreich empfand ich die Anwesenheit eines Astrobetreuers. Dieser war selbst nachts bei Fragen und Problemen stets hilfsbereit! Die Farm umfasste unter anderem acht verschiedene Plattformen mit astronomischer Ausrüstung. Von visuellen Geräten wie einem 100mm Feldstecher oder 14,5″ Dobson bis hin zu mehreren astrofotografischen Geräten war alles einsatzbereit. An dem Gerät, welches man gemietet hatte, führte der Astrobetreuer eine Einweisung durch.
Für uns Astronomen wurde der ganze Tagesablauf auf Wunsch eingestellt. Diese speziellen Möglichkeiten umfassten ein spätes Frühstück ab 11Uhr, ein leichtes Lunch mittags, Kaffee ab 14:30Uhr und Abendessen um 17 Uhr, damit wir pünktlich zum Einbruch der Dunkelheit bei den Teleskopen sein konnten. Die Verpflegung war immer liebevoll und sehr schmackhaft zubereitet und zu meiner Freude reichhaltig. Insgesamt war ich 17 Tage auf der Farm. Es gab also genug Zeit, um den „neuen“ Sternhimmel kennenzulernen. Bereits die erste Nacht nach meiner Anreise verbrachte ich zu meiner Überraschung zum größten Teil unter dem namibischen Sternenhimmel. Obwohl ich beim nächtlichen Hinflug so gut wie nicht geschlafen hatte. Die Aufregung war einfach zu groß!
Ich hätte gedacht, dass ich erst mal länger brauchen würde, um mich am Südhimmel zurechtzufinden. Es hatte sich wohl meine akribische Vorbereitung ausgezahlt. Das Kreuz des Südens war die erste Konstellation die ich erkannte und für mich zu Beginn der einfachste Orientierungspunkt. Der Skorpion stand zum Einbruch der Nacht im Zenit und war mit so hellen Einzelsternen bestückt wie unser Orion im Winter, einfach klasse!!! Der erste Anblick der Milchstraße war erst einmal überwältigend. Es war kein schimmerndes Band mehr, sondern selbstleuchtende Quellwolken. Und dieses Wolkenband zog sich einmal über den gesamten Himmel! Bei dem Zentrum der Milchstraße im Schützen hatte ich den Eindruck, als würde diese auffällig helle Wolke aus dem Hintergrund angeleuchtet werden. So intensiv war dieses Leuchten und viele filigrane Einzelheiten konnte ich verfolgen. Man brauchte im Grunde keine Taschenlampe, um den Weg zu den Teleskopen zu finden, so hell war es immer noch!
Das Zodiakallicht war bis etwa 21Uhr so hell…
dass es schon fast störte! Gegen 3Uhr kam es dann wieder. Die Dunkelheit brach breitenbedingt immer sehr schnell herein, die Dämmerung war kurz, innerhalb einer Stunde nach Sonnenuntergang war es stockdunkel. Amüsant war, dass unsere Nordsternbilder allesamt auf dem Kopf standen, aber man gewöhnte sich schnell daran. Zum Beispiel wurde aus der Kassiopeia, dem Himmels-W- ein Himmels-M-. Die beiden Magellanschen Wolken erschienen riesig groß und hell. Wenn sich die Milchstraße weiter nach Westen neigte, stiegen diese beiden Prachtstücke immer höher am Himmel. Hier mangelte es definitiv nicht an Höhepunkten!
Zu Beginn beobachtete ich einige Nächte visuell am 14,5″ Dobson, bevor ich die fotografische Ausrüstung übernahm. Dabei konnte ich bestimmt eine Handvoll Kugelsternhaufen mit bloßem Auge sehen, und zwar leicht und nicht mal eben so indirekt, wie bei M13! Mein Favorit war 47 Tucane. Er erschien ebenso wie Omega-Centauri als ein mittelheller Stern. Es gab einige Objekte, die wie ein Foto im Okular des 14,5″ers erschienen. Der Himmel war einfach nur dunkel. Der Kontrast und die Transparenz waren sehr gut, es gab kein Wabern oder Ähnliches. Die Cassinische Teilung des Saturns war wie ausgestanzt, so was hatte ich bis dahin noch nie gesehen. Viele der Objekte dokumentierte ich, von einigen Höhepunkten fertigte ich sogar eine Zeichnung an.
Meistens waren die Nächte recht mild, tagsüber war es mit bis zu 25°C sehr warm. Doch einige Nächte waren mit unter null Grad empfindlich kühl. Allerdings war in diesen kalten Nächten die Durchsicht am Himmel noch besser. Bis zum Horizont herunter konnte ich Sterne leuchten sehen.
Am eindrucksvollsten war der Lauf der Großen Magellanschen Wolke zu verfolgen…
wenn diese abends ganz knapp über dem Südhorizont entlang lief und morgens um fünf Uhr ihren Höchststand erreichte. Es gab in Namibia einige Tage nacheinander, an denen nicht eine einzige Wolke am Himmel erschien. Der Himmel schimmerte tiefblau. Leider vergingen die Tage unglaublich schnell. Vor allem, als ich dann mit Astrofotos fortfuhr. Zu meiner Erleichterung liefen die gemietete Ausrüstung und auch meine Kameras tadellos die ganze Nacht hindurch. Ab nachmittags 16Uhr begann ich in der Regel mit der Arbeit, Vorbereitungen usw.. Bis 05 Uhr in der Früh belichtete ich dann meine Objekte.
Von den 15 Nächten, die ich dort unten aktiv war, waren 13 Nächte absolut klar. Nur eine Nacht war ein Totalausfall. Daraus ergab sich eine sehr gute Ausbeute an Daten, an der ich bis Weihnachten beschäftigt war! Ich kann es kaum erwarten, wieder nach Namibia zu kommen! Der nächste Aufenthalt ist bereits in Planung. Auf der Farm kann man einfach mal die Zeit vergessen, sich mit voller Hingabe seinem Hobby widmen und die tolle Gastlichkeit von Kiripotib genießen.
Autor: Stefan Westphal