NGC 6822 - Barnard’s Galaxie
Suche und visuelles Erscheinungsbild:
NGC 6822, die Barnards Galaxie ist aufgrund Ihrer geringen Flächenhelligkeit visuell nicht einfach zu finden. Sie liegt etwa mittig zwischen den Stern Prima Giedi, einem gelben Supergiganten im nördlichen Steinbock und dem nördlichsten Stern im Sternbild Schützen p1. Mit einem 8×42 Feldstecher gelang uns keine positive Sichtung. Dies sollte jedoch mit einem Fernglas mit größerer Öffnung (>60mm) wenn auch nur sehr schwach als diffuser Spot möglich sein. Mit einem 8″ Dobson ist die Galaxie bereits als kleiner Nebel sichtbar. Auch in einem 12 Zoll Dobson bleibt die Galaxie ein sehr lichtschwaches Objekt, die elongierte Form sowie dutzende kleine Einzelsterne sind zu erkennen. Aufgrund der schwachen Flächenhelligkeit bleibt dieses Objekt den Astrofotografen und den Fernrohrbesitzern mit sehr großer Öffnung vorbehalten.
Einzelheiten zum Objekt:
Bei der Barnards Galaxie handelt es sich um eine irreguläre Zwerggalaxie. Sie ist ein Mitglied der lokalen Gruppe, zu der auch unsere Milchstraße gehört. Ihre Größe beträgt nur etwa 1/10 unserer Milchstraße und ist damit wahrlich ein Zwerg unter den Galaxien. NGC6822 weist einen Positionswinkel von 10°7′ auf und ist deutlich elliptisch ausgeprägt. Die Exzentrizität beträgt 0.47 0.18, der “Körper” ist damit ein deutlicher Ellipsoid.
Der Astronom Edwin Hubble unternahm als Erster sehr detaillierte Beobachtungen und entdeckte u.a. 15 veränderliche Sterne. Davon entfielen 11 Exemplare auf den Typ der Cepheiden. Durch diese Entdeckungen konnte schon verhältnismäßig früh die Entfernung mit Hilfe der Cepheiden-Perioden-Leuchtkraftbeziehung bestimmt werden. NGC 6822 war sogar die erste Galaxie überhaupt, bei der diese Methode zur Entfernungsbestimmung eingesetzt wurde. Erst später vermaß Hubble die Magellanschen Wolken und Objekte wie die Andromedagalaxie oder M33! Der Astronom gab 1925 einen Wert von über 700.000 Lichtjahren an und löste damit eine große Debatte aus. Denn zu der damaligen Zeit war die absolute Größe des Universums noch unbekannt. Die Entfernung zur Barnard-Galaxie übertraf die geschätzte Angabe über die Ausdehnung des Weltalls von 300.000 Lichtjahren deutlich!
Nach modernen Berechnungen liegt die kleine Galaxie etwa 1,5-1,6Mio. Lichtjahre von uns entfernt. Die scheinbare Ausdehnung beträgt, unter Berücksichtigung des schwachen Halos, 15,5’x13,5′ und entspricht somit einem wahren Durchmesser von 6000-7000 Lichtjahren. NGC 6822 besitzt für ihre Größe gesehen, eine große Anzahl an HII-Regionen. 150 solcher Assoziationen sowie 15 weitere OB-Gebiete sind bislang bekannt. Die hellsten Wasserstoffwolken tragen Eigennamen und werden als IC 1308 und Hubble V bezeichnet. Das bemerkenswerte an IC 1308 ist, dass dieses Objekt schon mehr als 30 Jahre vor der Entdeckung der Galaxie bekannt war, der physikalische Zusammenhang aber damals falsch eingeordnet wurde.
Irreguläre Zwerggalaxien erhalten ihre zufälligen, unregelmäßigen Formen durch Begegnungen mit anderen Galaxien. Wie alles andere im Universum sind Galaxien ständig in Bewegung, dabei kann es zu beinahe Zusammenstößen oder gar zur Durchdringung der beiden Galaxien kommen. Die Dichte der Sterne in Galaxien ist relativ gering, was bedeutet, dass nur wenige Sterne physisch während der Durchdringung kollidieren. Jedoch wird, durch die enorme Gravitation, die Form als Ganzes verändert. Auch ganze Spiralarme mit unzähligen Sternen können dabei aus Ihrer Heimatgalaxie gezogen werden und eine neue Zwerggalaxie wie die NGC 6822 entstehen lassen.
Frühere Beobachtungen:
Der amerikanische Astronom Edward Emerson Barnard entdeckte die Galaxie am 17.August 1884 mit Hilfe eines 5″ Refraktors. Zu seiner ersten Beobachtung schrieb er: “Ein extrem schwacher Nebel” und “er ist etwa 2” im Durchmesser und ist sehr diffus, selbst in seinem Licht “. Ein Jahr später beobachtete er NGC 6822 wieder mit einem 6″ Refraktor und hatte den Eindruck, dass das Objekt viel größer und dichter scheint, als zuvor. Auch folgende Beobachter taten sich bei der Identifizierung und Beobachtung der Galaxie schwer. So konnte z.B. E. Hubble sie in einem 4″ Refraktor deutliche erkennen. Dagegen war das Objekt im Primärfokus des 100” Hale-Teleskop kaum erkennbar.
Schon bald nutzten Astronomen die Fotografie zur Erforschung der Galaxie. Den ersten Versuch unternahm Max Wolf von der Heidelberger Sternwarte im Jahr 1906. Er konnte NGC 6822 und IC 1308 nachweisen. Um 1925 entdeckte Edwin Hubble viele veränderliche Sterne sowie die fünf hellsten HII-Regionen. Auf die Forschungsergebnisse Hubble’s stützte man sich die folgenden fünfzig Jahre. Erst 1977 wurden durch Paul Hodge weitere Entdeckungen in der Barnard Galaxie gemacht. Die wichtigste waren elf weitere HII-Regionen. Darüber hinaus konnte er über 360 Sterne der 18. Größe sowie mehr als 100 Sterne der 13.- 16. Größe nachweisen.
Autor: Stefan Westphal und Claus Müller